Cantus 3

Cantus 3 2014

Die in 2012 begonnene Arbeit an dem mehrjährig angelegten Projekt „Cantus“ ist bisher ausgesprochen erfolgreich verlaufen.

In diesem Sommer gastierte der Jazzpool auf dem renommierten polnischen Jazzfestival Jazz w/Lesie in der Nähe von Danzig. Im Dezember geht es erneut nach Portugal, wo es neben zwei Konzerten im Hot Club de Portugal/Lissabon dann auch ein Gastspiel in Coimbra geben wird. Im Sinne eines intensiven kulturellen Austauschs hat sich die Grundidee von „Cantus“ als ideal herausgestellt. Dadurch, dass wirklich jede Komposition des Programms eine deutlich folkloristische Färbung hat, ist die Musik nie beliebiger Mainstream. Da der Jazz auch in seiner amerikanischen Frühformen nie etwas anderes war, als die mutige Vermengung unterschiedlichster musikalischer Elemente, fühlen wir uns dabei als Jazzmusiker, die auch die Tradition dieser Musik akzeptieren und pflegen, gewissermaßen auf einem logischen Weg. Dabei ist es klar, dass durch das zeitgenössische Selbstverständnis aller Ensemblemitglieder der ästhetische Anspruch natürlich keineswegs bei simpler Traditionspflege stehen bleibt. Cantus ist vielmehr stets von dem Anspruch geleitet, alte europäische Gesangsformen mit zeitgenössischem Jazz zu verbinden.

Im Jahr 2014 wollen wir unsere europäische Wanderung in Richtung Balkan lenken. Unser Gast ist in Bosnien geboren, in Kroatien aufgewachsen und lebt heute in Berlin. In Kroatien, dem jüngsten EU Mitgliedland ist sie – eine andere Formulierung wäre unangemessen – ein Megastar: Vesna Pisarovic.

Ursprünglich der Punkrockszene verschrieben, wurde sie in der kroatischen Popszene so erfolgreich, dass sie vor zehn Jahre ihr Land beim Eurovision Song Contest vertrat. Angesichts dieser äußerst kommerziellen Karriere ist die dann folgende biografische Anekdote kaum zu toppen: Im Amsterdamer Bim Huis hörte Vesna Pisarovic ein Konzert von Peter Brötzmann und dessen urgewaltigen Free Jazz Ausbrüche berührten sie so stark, daß sie seit einigen Jahren vermehrt auch improvisierte Musik macht. Für die Arbeit mit dem Jazzpool NRW wird sie Lieder mitbringen, die hier nahezu unbekannt sind, aber absolut perfekt in das Konzept von Cantus passen: „Sevdah“ heisst im türkischen „Liebe“ und im arabischen „Schwarze Galle“. Es ist eine bosnische Liedgattung, die eine verblüffende Verwandtschaft mit dem portugiesischen Fado hat, denn die meist die Liebe besingenden Verse sind von einer melancholischen, schwermütigen Stimmung geprägt. Bei den Instrumentalisten freuen wir uns besonders, mit dem Trompeter Frederick Köster einen der prominentesten Musiker der jüngeren Generation dabei zu haben.